Rückblick: Die Killerspieldebatte

Rückblick: Die Killerspieldebatte

Der Killer im Spiel?
Der Killer im Spiel?

Die Killerspieldebatte war im Rückblick einer jener kontrovers geführten Diskurse in der Bundesrepublik, die sicher noch länger in Erinnerung bleiben werden. Und ich habe das einige Jahre in meiner Funktion als Pressesprecher von Turtle Entertainment selbst intensiv verfolgt und mich aktiv daran beteiligt. Gut erinnere ich mich an die emotionale Stimmung nach dem Amoklauf von Winnenden, den Drohungen im Internet und am Telefon, die frostige Stimmung auf Podiumsdiskussionen und Vorträgen. Zu jener Zeit war ich als Handelsreisender im Auftrag einer Aufklärung unterwegs, bei der man nur allzu oft am gesunden Menschenverstand zweifelte, nicht nur an dem der aktionistischen Politiker, sondern auch an dem der Lehrer, Pädagogen, Eltern und der übrigen „Erwachsenenwelt“, wie es so schön hieß vonseiten einer nun nicht mehr so jungen Gaming-Community.

Generationenkonflikt

Die Argumente der Bedenkenträger und Kritiker konnten wir im Schlaf auswendig aufsagen und und unsere Entgegnungen folgten geübt – man ist geneigt zu sagen wir aus der Pistole geschossen – als Retourkutsche darauf, meist mit dem Duktus des David, der sich gegen Goliath wehrt.
Die Fronten waren verhärtet, Studien folgten Studien, zumeist missbraucht und fehlgedeutet als Munition in diesem Kampf um Deutungshoheit und politischer Gestaltungsmacht. Medienpädagogische Ansätze wie die Eltern-LANs der Bundeszentrale für politische Bildung, die ich mit entwickeln durfte – übrigens eine Impuls-Idee nach einer gespenstischen Podiumsdiskussion in der schwäbischen Provinz – versuchten den Generationenkonflikt zu befrieden. Denn zweifelsohne war die Killerspieldiskussion auch und gerade Ausdruck eines Generationenkonflikts und gleichzeitig Symptom einer hilflosen Gesellschaft auf der Suche nach einfachen Antworten für komplexe Probleme.

Killerspiel? Es ist überwunden!

Nun ist es vollbracht, das Thema wirkt rückblickend genauso, wie wir es damals prognostiziert hatten: man wird später darüber lachen, die Parallelen zu all den anderen kulturpessimistischen Diskursen rund um „neue“ Medien wie die Schrift (Sokrates), Theater, Fotografie (Untergang der Malerei), dem Film (Untergang des Theaters), dem Roman (vor allem Frauen sollten geschützt werden), dem Comic (Untergang des Romans) bis jetzt zu den digitalen Spielen – warum war man blind dafür?
Normalisierung ist eingekehrt – zum Glück – und hoffentlich auch noch nach dem nächsten Amoklauf eines gestörten Jugendlichen.
Sind die Kritiker einsichtig geworden? Wohl kaum, aber es vollziehen sich Veränderungen in der Gesellschaft, die nicht aufzuhalten sind: Medien etablieren sich, ihre Nutzung wird Teil des Mainstreams, ihre Nutzer wachsen in die entscheidenden Positionen in Wirtschaft, Politik und Medien hinein. Das führt zu einer Normalisierung.

 

Und als grandioses Fazit das eBook von Matthias Dittmayer, der bis 2015 den sehr guten Blog „Stigma Videospiele“ betrieb.

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