Games versus Literatur – wirklich ein Widerspruch?
Es ist wahrlich keine neue Diskussion, jene zwischen Kulturpessimisten und Apologeten des digitalen Fortschritts. Die einen sehen mit dem Aufkommen von Games und anderer digitaler Medien den Untergang der Lesekultur und des gesamten Abendlandes kommen, die anderen, jene besagten Apologeten einer neuen digitalen Epoche, betrachten Druckerzeugnisse als Relikte einer vergangenen Zeit, vergleichbar mit den Papyri der alten Ägypter und den verstaubten Folianten in alten Burgen.
Dass beide extreme Haltungen schwerlich haltbar sind, zeigt die äußerst aufschlussreiche Diskussion zwischen LeFloid und Friedrich Denk bei ZDF.login, „Next Level statt Game over: Sind Games verspielte Lebenszeit?“.
Da zeigt sich, dass der pensionierte Studiendirektor Friedrich Denk ein ziemlich eindimensionales Verständnis von Bildung und Literatur hat und klar zu jenen zählt, die eine konservative Vorstellung von Kultur und Bildung haben. Die mehr auf Bewahrung und Kanon achten und viele Erkenntnisse der modernen Pädagogik und Gehirnforschung ignorieren.
Denn Denken ist nicht ausschließlich auf Lesen zu reduzieren und das „Lesen“ von komplexen Bildern, Tönen und Handlungssträngen ist für das Lernen genauso relevant wie die Verarbeitung von abstrakten Schriftzeichen.
In der heutigen Zeit werden andere wichtige Kulturwerkzeuge wie das Hören eher vernachlässigt, und das wird durch Computerspiele besser bedient als bei Büchern.
Amüsant an der ZDF.login-Sendung ist die Tatsache, dass Denks Gegenpart, der Spieleblogger Florian „LeFloid“ Mundt, überhaupt nicht in das Klischee passt, das die Kulturkritiker so gerne von Gamern zeichnen. Der eloquente und gewitze LeFloid entkräftet nicht nur mit seinen Argumenten und lebensnahen Beispielen die überzogenen Vorbehalte, sondern widerlegt durch seine eigene Bildung die Schwarzmalerei des Kritikers. Friedrich Denk betont zwar, dass LeFloid eine Ausnahme darstelle. Verfällt aber in immer gleiche Argumentsketten. Die von ihm zitierten französischen Ritterromane wurden schließlich vor nicht allzu langer Zeit als genauso verdummend verdammt, wie es heute mit Games passiert.
Games sind Literatur – Qualität bitte!
Irritierend für viele: Games sind weder gut noch böse, weder hochwertig noch trash, sie können alles sein. Es muss eine inhaltliche Diskussion geführt werden. Warum gelingt es Friedrich Denk nicht, Computerspiele differenziert zu betrachten und danach zu fragen, was ein Spiel gut sein lässt?
Wie kann man eine Kritik so formulieren, dass ästhetische Fragen im Mittelpunkt stehen?
Das ist die Aufgabe, vor der die Kulturwissenschaft steht. Es ist viel Aufklärung notwendig, gerade bei Vertretern der klassischen Kulturindustrie Buch, Musik und Theater.
Dialog mit Bibliotheken
Umso wichtiger ist der Dialog mit Bibliotheken, um den vermeintlichen Widerspruch zwischen Lesen und Spielen zu hinterfragen und neue Formen der Bildungsarbeit zu gestalten.
Vorbildlich ist die Arbeit von Christoph Deeg aus Berlin zu nennen, der als Diplom-Kulturmanager mehrere Projekte mit Games umgesetzt hat, unter anderem ein Games-Wettbewerb zwischen Bibliotheken. Chrsitoph Deeg denkt über eine sinnvolle Integration von Computerspielen in das Bibliothekswesen nach.
Hoffnungsfroh
Was einen hoffnungsfroh werden lässt, sind weitere Beispiele gelungener Integration von Videospielen in Bildungsinstitutionen, wie sie etwa die Stadtbibliothek Köln mit dem Projekt „Games4Kalk“ umsetzt. Dazu auch dieser Beitrag im sehr lesenswerten Blog der Stadtbibliothek Köln.
Das sollte man der Kulturkritik von Vorgestern vorsetzen. Aber natürlich bleibt es die Aufgabe der Gamer, sich um ein Feuilleton für Games zu bemühen und nach Qualität zu rufen. Denn Schrott, Triviales und Unerquickliches, dafür ist uns die Zeit zu schade. Egal ob das uns analog, gedruckt, digital und sonst wie dargereicht wird.
https://stiftung-digitale-spielekultur.de/sites/default/files/downloads/GamesMarkt%20v.%2025.9.13,%2013.%20Jg,%20Ausgabe%2020,%20S.%2020f.pdf