Gamification Day 2014 in Köln: Erfolgreicher Auftakt
Der Gamification Day am 11. Februar war ein toller Erfolg! Mehr als 70 Teilnehmer lauschten anregenden Vorträgen und tauschten sich aus über Einsatzmöglichkeiten von Spielprinzipien im nicht-spielerischen Bereich. Die Veranstalter haben einen guten Mix aus Branchen und Anwendungen gefunden, so dass alle sehr von dieser Mischung profitierten – besonders Praktiker aus der Branche selbst.
Es gab Vorträge rund um die Themen Marketing, Recruting, Industriefertigung, Mitarbeiterschulung, IT-Sicherheit, Vetriebsförderung und Serious Games.
Auftakt
Den Auftakt habe ich mit meinem einführenden Vortrag gegeben. Darin habe ich einen kurzen Überblick gewährt, welche Elemente Gamification hat und wie man das definieren kann. Der Raum im Alten Pfandhaus, der sonst für Kammerkonzerte und Jazz-Performances genutzt wird, stellte sich als besonders gelungen heraus für einen regen Austausch mit dem Publikum.
Meine Präsentation:
Wie gamifiziert man? Regeln aufstellen, Herausforderungen definieren, belohnen, ranken, Community building, erklärt @ibomazari #gd14
— Mediencluster NRW (@MedienNRW) 11. Februar 2014
Gamification und Marketing
Roman Rackwitz, Gründer und Geschäftsführer der Gamification-Marketing-Agentur engaging lab, führte in den Paradigmenwechsel im Marketing ein – von Push zu Pull -, der durch Social Media ausgelöst worden sei. Gamification ist hier ein geeignetes Tool, um der neuen Medien- und Kommunikationsnutzung der Generation Y entgegen zu kommen und Engagement mit einer Marke, einem Unternehmen oder einer Idee zu ermöglichen.
Platte Werbung funktioniere nicht mehr, so Rackwitz: „Unternehmen die rechts oder links ihre Werbung schalten, hasse ich.“ Denn es gelte das Gesetz des schnellen Daumens: Wir schauen keine Werbung, sondern greifen zum Smartphone. Der Dialog steht bei Social Media im Mittelpunkt, das Telefon sei von der Struktur viel vergleichbarer als Massenmedien mit keinem Rückkanal.
@RomanRackwitz beginnt seinen Vortrag „Von Push zu Pull“ mit Anekdote aus seinen Internatsjahren: 8. Klasse durchfallen durch Doom #gd14
— Mediencluster NRW (@MedienNRW) 11. Februar 2014
Es komme auf Kontext an, dann kann Content erst authentisch aufgenommen werden. Gamification schafft durch die Narration einen Kontext, so der Fachmann.
Ah, jetzt aber: Gamification als Rückgewinnung der Kontrolle, die man in Social Media ein stückweit abgegeben hat. #gd14
— Droid Boy (@boydroid) 11. Februar 2014
User-Interfaces in der Industrieproduktion
Joerg Niesenhaus, Senior UX Engineer & Branch Manager bei Centigrade und Blogger unter game-usability.de, präsentierte ohne Nennung des konkreten Kunden einen aktuellen Case aus der Fertigung. Mit großem Interesse folgten die Besucher dem Vortrag, der am Beispiel einer Tassendruck-Fabrik Gamifizierung in der Produktionsstraße demonstrierte. Ziel sei es, die Qualität der Drucke zu erhöhen und Fehldrucke zu minimieren. Um die Arbeiter gründlicher arbeiten zu lassen, wurden die Prozesse in einem teamorientierten Wettkampf mit Punkten und Boni implementiert. Wenn man den Ausschuss minimiert, bekommt man Punkte und Goodies wie eine längere Pause. Interessant: Gamification kann auch im Kontext von Akkord funktionieren, der von den meisten Bandarbeitern auch nicht als so belastend empfunden wird. „Druck müsse sein, zu langsam dürfe es nicht werden.“
Der Referent hob hervor, dass alle Maßnahmen gut überlegt sein müssen (testen, testen, testen) und den Arbeitsablauf nicht stören dürfen – Thema Sicherheit.
#gd14 Internet der Dinge, Smart Factory Stichworte der Präsenation von @joergniesenhaus
— Ibrahim Mazari (@IboMazari) 11. Februar 2014
Serious Games
Arne Gels von Zone 2 Connect ging auf Seroius Games ein, betonte, dass es sich hierbei im Gegensatz zu Gamification um vollständige Spiele handelt, die für Lerneffekte genutzt werden oder zur Vermittlung von Kompetenzen.
#gd14 serious Games, Simulationen und Gamification haben unterschiedliche Ziele und Voraussetzungen und Anforderungen. Wissen was du willst! — Roman Rackwitz (@RomanRackwitz) 11. Februar 2014
Arne Gels zeigte einige Beispiele und Branchen. Sein Unternehmen hat das Spiel für adidas umgesetzt, das im späteren Verlauf der Konferenz von Christina Rudrich präsentiert worden ist. adidas hat damit die interne Kommunikation der Belegschaft rund um das Thema IT-Sicherheit verstärkt. Ganz nach dem Motto: Spielend lernen, lernend spielen.
Social Computing
Ein Vortrag der besonderen und unterhaltsamen Art bot uns Torsten Weber von GROSSWEBER an. Der Entwickler, Unternehmer, Visionär und Spaßvogel hat auf äußerst witzige Art psychologische Mechanismen der Wahrnehmung und Problemlösung dargestellt, so dass man schnell verstanden hat, dass wir im Arbeitsleben allzuoft Illusionen und Trugschlüssen unterlegen und Probleme alles andere als kreativ und effizient lösen.
Recrutainment als Goldgrube der Gamification?
Recrutainment – Spielerisch zum neuen Job? – so lautete der Vortrag von Joachim Diercks, CYQUEST GmbH. Der Psychologe beschäftigt sich mit Bewerbereignungstests und Selbsttest, setzt dabei auf Gamification als Brücke zwischen Entertainment und Recruitment. Demnach werden durch Gamification und Storytelling Eignungstests spannender und lebendiger und der Markenkern wird subtil vermittelt. Dies ist für das sogenannte Employer Branding besonders wichtig. Die Generation Y der nach 1989 geborenen haben andere Werte und müssten anders angesprochen werden. Gamification ist die ideale Form dafür, so Joachim Dierks.
#gd14 Generation Y ticken so, dass Gamification ideales Tool in der Personalpolitik ist, Joachim Dierks — Ibrahim Mazari (@IboMazari) 11. Februar 2014
Big Data und Beispiele aus der Praxis: Mitarbeiterschulung und Vertrieb
Miriam Wohlfahrt-Bottermann von der Agentur neuland vertrat ihren Chef und hat einen Beitrag zum Thema Big Data geliefert. Ich fand ihn ziemlich schwach und habe keine Verbindung zum Thema Gamification gefunden. Die Frage wäre relevant: Ist Gamification nicht eine weitere Form der Datensammelwut und Verknüpfung bestehender Datensätze?
Augmented Reality Performance
Spannend war die Vorführung der Performancekünsterin, Grenzgängerin und Spieleenthusiastin Evelyn Hribersek, die das Thema Augmented Reality anhand Ihres Real Game Konzepts O.R.Pheus präsentierte, ein Mix aus Real-Life-Game, Musiktheater und Kunstinstallation: Ausgerüstet mit einem Smartphone erforschte der Besucher für 25 Minuten allein und uneingeschränkt die Überreste einer retrofuturistischen Klinik eines Tiefbunkers mitten in München. Über Augmented-Reality-Technologien erweckte der Spieler Räume, Bilder und Figuren zu neuem Leben und kreierte sich sein eigenes, exklusives Erlebnis sowie seine persöhnliche Grenzerfahrung. O.R.pheus wurde für zahlreiche Preise nominiert u.a. den Deutschen Entwicklerpreis 2012, Deutschen Computerspielpreis 2013 (Bestes Serious Game), den Most Amazing Indies Games Award 2013, den Hauptpreis der B3 Biennale Frankfurt 2013 (Kategorie Transmedia) und wurde von der Bundesregierung als ”Kultur- und Kreativpilot 2013” ausgezeichnet.
Praxisbeispiel interne Kommunikation und Vertrieb
Es folgten zwei gute Praxisbeispiele aus unterschiedlichen Branchen. Christina Rudrich von adidas (IT-Innovations) stellte ein Mitarbeiter-Schulungsspiel vor, mit dem die IT-Sicherheitshinweise in spielerischer Art umgesetzt worden sind, da die Guidelines niemand las. Christina Rudrich wusste von einigen Widerständen zu berichten, verwies auf die bisher erfolgreich gemachten Erfahrungen.
#gd14 Christina Rudrich: „Gamification in deutschen Unternehmen noch lange nicht angekommen“ — Ibrahim Mazari (@IboMazari) 11. Februar 2014
Gamification ist auch etwas für den Vertrieb. Das bewies Peter Güldenberger, Leiter Indirekter Vertrieb bei QSC aus Köln. Zur Schulung der Partner hat er eine Online-Präsenz mit Gamification-Ansatz aufgesetzt, so dass die Partner die Produkte besser kennen lernen und damit den Absatz steigern helfen sollen. Zentrale Herausforderung für Peter Güldenberger war das Überzeugen der ganzen Firma, diesen Schritt zu gehen. Jetzt komme es darauf an, so viele Partner wie möglich zu erreichen und von ihnen Feedback zu erhalten, um das System auszubauen.
Gamification ja, aber bitte richtig
Christoph Kolb, Gründer und Geschäftsführer der Digital-Agentur widjet, gab als Mahner den Zuhörern einige Bedenken mit auf dem Weg, warnte davor, dem Hype blind zu folgen, jeder könne schließlich etwas anderes in den Begriff Gamification legen. Neben der Unschärfe kritisierte der Psychologe, dass es verheerend sei, intrensisch motivierte Prozesse wie etwa das Lernen extrensisch verstärken zu wollen durch Gamification. Das Beispiel Schule zeige deutlich, dass dieser Ansatz Motivation zerstöre, etwa wenn der natürliche Lerntrieb durch die Vergabe von Noten verdrängt werde.
Abschlussdiskussion …
… war toll, da von mir moderiert 🙂
Als Fazit lässt sich sagen, dass alle sich mehr Mut wünschen in Deutschland, neue Entwicklungen wie Gamification neugieriger aufzunehmen. Da gebe es erhebliche kulturelle Vorbehalte, trotz hoher technischer Affinität einer auf Ingenieurleistung aufbauenden Nation.
Großes Potential bieten der europaweit wichtigste und größte Bildungsmarkt. Da gebe es aber nach Arne Gels viel Nachholbedarf. Bevor Gamification zum Thema werde, müssten erst viele Angebote und Prozesse digitalisiert werden.
Roman Rackwitz betonte, dass gerade im Marketing die größten Budgets lägen, Deutschland aber deutlich hinter den USA hinkt. Dort ist der Einsatz von Social Media und Gamification viel breiter aufgestellt.
Netzwerken
Bei Snacks und stylischen Getränken, haben alle Teilnehmer gute Möglichkeiten gehabt, sich auszutauschen. Die Struktur der Besucher war sehr gut, selbst die Referenten haben sich bis zum Ende des Veranstaltung aktiv am Netzwerken beteiligt und voneinander gelernt. Trotz einige Unwägbarkeiten und Umstellungen im Programm und Tagesablauf, ist die Konferenz sehr gut angekommen. Alle Besucher nehmen viele Ideen und Infos mit, ich freue mich auf das nächste Jahr!
Klasse Leute und Gespräche. Danke für den #gd14 Enjoyneering für Deutschland 😉 https://t.co/6uDBApuqnO
— Roman Rackwitz (@RomanRackwitz) 11. Februar 2014
Fotos sind in der offiziellen Galerie zu sehen. Alle Fotos von Patrick Temme zur Verfügung gestellt – well done job!
Fleißiges Twitter
Rege wurde die Konferenz auch auf Twitter verfolgt und kommentiert. Hier habt ihr ein Eindruck, was da abging: Tweets über „#gd14“