Gamification im Marketing und in der PR – Interview und Fachbeitrag

Gamification im Marketing und in der PR – Interview und Fachbeitrag

Gamification im Marketing und in der PR: dazu habe ich im Blog des PR-Dienstleisters na – news aktuell einen Fachbeitrag verfasst zum Thema PR und Kommunikation. Fazit: es gibt einige spannende Projekte im Marketing, aber nichts Relevantes in der PR.

Hier meine ausführlichen Antworten auf die Fragen der Redakteurin, die nur zum Teil im Blog vorkommen:

Warum spielt der Mensch so gern? Und nicht nur Kinder, sondern ebenso Erwachsene?

Pädagogen und Lernpsychologen haben schon sehr lange nachgewiesen, dass der Mensch am besten lernt, wenn er spielt. Das ist eine Eigenschaft, die er sich mit allen intelligenten und sozialen Lebewesen teilt. Und das Gehirn lernt am besten, wenn es spielerisch angesprochen wird. Und dabei ist es egal, ob wir von motorischen Fähigkeiten oder gezieltem Wissen sprechen – spielerisch klappt es mit dem Kompetenzerwerb am einfachsten!

Warum ist Gamification seit einiger Zeit so ein Hype-Thema? Welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?

Ausgehend von Erkenntnissen der Erlebnispädagogik und der Psychologie des Lernens bis hin zum Anthropologie-Klassiker aus den 1930er “Homo Ludens” von Johan Huizinger, hat sich mit der Verbreitung digitaler Spiele und des Internets Gamification etabliert. Denn durch die digitalen Instrumente ist nun eine Skalierung von Gamification erst möglich geworden.
Die Methode dahinter ist aber so alt, seit es so etwas wie Pädagogik und Motivationspsychologie gibt.

Worin liegt der Nutzen von Gamification für Unternehmen?

Gamification ist da wertvoll, wo es darum geht a.) die bestenfalls intrinsische (Langzeit-)Motivation zu steigern und b.) den Zugang zu einem Prozess zu erleichtern. Dazu bedient sich Gamification der gleichen Mechaniken wie digitale Spiele. Diese Dinge sind für Unternehmen goldwert. Sowohl nach innen, um etwa die Motivation der Mitarbeiter zu steigern und den Zugang zu Prozessen zu erleichtern. Aber auch nach außen, etwa im Marketing und in der Kommunikation mit Kunden und Partnern.

Wie können Marketeers Gamification einsetzen? Haben Sie hier konkrete aktuellere Beispiele, die besonders überzeugen?

Gerade im Marketing ist Gamification einem Paradigmenwechsel geschuldet, der durch Social Media ausgelöst wurde – nämlich den Wandel von Push- zu Pull-Marketing. Nur indem man die Konsumenten involviert, kann man mit seinen Botschaften punkten!
Im Idealfall erlaubt Gamification ein Stück weit die Kontrolle über die eigene Kommunikation zurück zu gewinnen, die zuvor durch die Sozialen Medien zu verloren gehen drohte. Denn durch die Einbettung in eine Geschichte und ein Regelwerk, behält man die Oberhand.

Eine sehr erfolgreiche Gamificationaktion war die Cross-Vermarktung des Buches des bekannten US-Rappers Jay-Z (“Jay-Z Decoded”) und der Suchmaschine Bing von Microsoft. Es ging um eine Schnitzeljagd, bei der die Spieler einzelne Seiten des Buches, die sich überall in New York auf Autos, Häusern usw befanden, finden und fotografieren mussten. So konnte man Punkte sammeln für die Online Hall-of-Fame und das Buch nach und nach vor dem offiziellen Erscheinen zusammenstellen:

Weiteres tolles Beispiel ist Pepsi. Pepsi hat geschickt Social Media integriert, um die Marke spielerisch bei einem Event zu inszenieren. Hier zeigt sich der Stärke von Gamification am Point of Sale, in Kombination mit touchfähigen Displays (Digital Signage):

Wie sieht es im Bereich PR (interne wie externe Kommunikation) aus? Wo könnten hier mögliche Einsatzgebiete liegen?

Adidas hat da mal etwas sehr Schönes gemacht. Dort hatte man herausgefunden, dass dem Großteil der Mitarbeiter die Inhalte der IT Security, eines drögen PDF-Dokuments von mehreren hundert Seiten, nicht bekannt sind. Daraufhin hat man in der internen Kommunikation überlegt, wie man die Bereitschaft der Mitarbeiter steigern kann, sich damit auseinanderzusetzen und die relevanten Hinweise zur Netzwerksicherheit auch wirklich anzuwenden. Also wurden die Inhalte des Handbuchs in ein Spiel gepackt: In einem Browsergame galt es, sich durch einzelne Szenarien zu klicken und Rätsel zu lösen. Flankiert wurde das Rollenspiel mit Sachpreisen. Eine gelungene Aktion.
Man sollte überlegen, ob man klassische PR-Instrumente wie die Pressekonferenz, den Tag der Offenen Tür oder die Pressereise mit Journalisten gamifizieren kann. Das ist oft mit einfachen Mitteln möglich. Man kann Journalisten auf eine Schnitzeljagd schicken zum Beispiel, oder sie Rätsel lösen lassen, das wird ihnen in Erinnerung bleiben. Man muss etwas wagen – die Menschen reagieren meistens dankbar, wenn sie etwas anderes geboten bekommen als immer ­gleiche Präsentationen und Abläufe.

Fallen Ihnen für die externe Kommunikation aktuelle Beispiele ein, die besonders gut gelungen Gamification zeigen? Ich habe den Eindruck, dass es hier nicht so viel bisher gibt. Oder täusche ich mich?

Der Eindruck ist richtig. In deutschen PR-Büros ist das Phänomen noch nicht wirklich durchgedrungen, obwohl klar ist, dass Digitalisierung jede Form der Kommunikation verändert und gerade jüngere Menschen eine andere Art der Ansprache verlangen. In Deutschland ist mir kein Projekt bekannt, das der Erwähnung wert wäre. Als Vorbild gilt der Umgang mit Pressevertretern beim oben genannten Kommunikationsprojekt von Bing und dem Erscheinen der Autobiographie des New Yorker Musiker Jay-Z. Die Journalsiten wurden wie die Kunden auf die Schnitzeljagd geschickt.
Gerade weil Gamification noch unbekannt ist in der PR, bieten sich dadurch erhebliche Chancen, sich hervorzuheben. Ich empfehle mit Tag der offenen Türen und Pressekonferenzen zu beginnen.

Welche Vorgehensweise würden Sie Unternehmen empfehlen, die sagen: Mensch, lasst uns doch auch was mit Gamification machen? Oder anders gefragt: Welche Fehler sollten Unternehmen hier unbedingt vermeiden?

Ganz egal wie klein das eigene Team ist, jeder kann sich Gamification leisten. Und dank der digitalen Medien ist das heute so einfach wie nie zuvor. Es ist auch kein großes Budget erforderlich, sondern nur ein gutes Konzept, das vielleicht einen Blog oder eine Facebook-Seite einbezieht. Und für die technische Entwicklung einer App kann man ja auch einen Programmierer von außen ins Boot holen. Aber bitte nicht einfach auf den Gamification-Zug aufspringen, weil es gerade hip ist! Es braucht einen genauen Plan mit klar abgesteckten Zielen. Wenn man Gamification digital umsetzen will, gibt es verschiedene Instrumente und Touchpoints; eine App, Facebook, eine Webseite. Das Thema Mobile ist extrem wichtig, da fast jeder über ein Smartphone oder Tablet verfügt. Wearables wie Armbänder oder Uhren zählen auch zu diesen Touchpoints. Virtuelle Brillen sind zwar stark im Kommen, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch nicht unbedingt notwendig, auf sie abzuzielen. Wenn ich für ein Unternehmen eine Kampagne umsetze, verwende ich besser die Instrumente, die bereits verbreitet sind. Und dann gibt es noch digitale Stelen und Schilder, mit deren Hilfe Sie in der Stadt digitale Touchpoints installieren können.

Zu den Fehlern: der größte Fehler ist zweifelsohne ohne Konzept vorzugehen. Das gilt für jede Form der Kommunikation und ist eine Binse. Dann folgen Fehler, die man sehr oft beobachten kann bei Projekten: nämlich die Verkürzung von Gamification auf einzelne Elemente wie der Vergabe von Punkten, Badges oder Medaillen. Das kennt man von Bonusprogrammen und ist sicherlich die einfachste Art, Prozesse vermeintlich schnell zu gamifizieren. Aber ohne Storytelling ist jede Form der Gamification nicht nachhaltig.

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